<p>Angesichts zunehmender Ängste vor einer überbordenden Staatsverschuldung und einer daraus resultierenden Belastung der nächsten Generationen scheint die Schweizer Finanzpolitik gegenwärtig glänzend dazustehen. Während überall sonst die Staatsverschuldung im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 rasant angestiegen ist, ging sie in der Schweiz schon seit 2003 kontinuierlich zurück. Nach der offiziellen Interpretation ist dies wesentlich auf die Einführung der Schuldenbremse auf Bundesebene zurückzuführen, die als große Erfolgsgeschichte angesehen wird. Das vorliegende Gutachten zeigt dagegen, dass die auf den ersten Blick plausibel erscheinende Erfolgsgeschichte der eidgenössischen Finanzpolitik und insbesondere der Schuldenbremse in wesentlichen Teilen revidiert werden muss. Hierzu wird zunächst die Frage behandelt, ob die Schuldenbremse eigentlich tatsächlich für die beeindruckenden Konsolidierungserfolge in der Schweiz verantwortlich war oder ob es sich dabei lediglich um eine zeitliche Koinzidenz handelte. Danach werden kurz die theoretischen Grundlagen für eine Begrenzung der Staatsverschuldung aufgearbeitet, und es wird gezeigt, dass die Schweizer Schuldenbremse wegen des Ausschlusses einer (netto-)investitionsorientierten Verschuldung problematisch ist und das Kriterium der Generationengerechtigkeit verletzt. Als wesentliche praktische Probleme der Schweizer Schuldenbremse werden die erhebliche Einschränkung der konjunkturpolitischen Handlungsfähigkeit und die Vernachlässigung öffentlicher Investitionen herausgearbeitet. Für beide Problemkomplexe werden konkrete Lösungsvorschläge unterbreitet.</p>